Medientraining in Liberia: Neue Netzwerke, neue Chancen
Veröffentlicht im „German Information Centre Pretoria“ am 18.Juni 2009:
„Früher hielten uns die Männer für Raupen, behütet und eingeschlossen in einem Kokon, weit unter ihnen. Jetzt sind wir Frauen wunderschöne Schmetterlinge, fliegen über ihren Köpfen und versuchen, das Land wieder aufzubauen!“ – so beschrieb Ida Moore, eine Dorfführerin aus dem Landesinneren die Entwicklung ihrer Geschlechtsgenossinnen in den letzten Jahren. Seit den Wahlen im November 2005 herrscht in Liberia eine Frau: Ellen Johnson-Sirleaf ist Afrikas erste gewählte Staats- und Regierungschefin. Das hat viele Frauen inspiriert und mutig gemacht; sechs Jahre nach Bürgerkriegsende herrscht Aufbruchstimmung unter ihnen.
Das veranlasste mich, im Dezember letzten Jahres in Absprache mit der „Aktion Afrika“ des Auswärtigen Amtes (und deren finanzieller Unterstützung) ein Medientraining für liberianische Journalistinnen ins Leben zu rufen. 12 Journalistinnen von acht verschiedenen Radiostationen besuchten zwei Wochen lang auf dem Gelände der Deutschen Botschaft in Monrovia den Radio-Workshop „Empowerment of media women in post-conflict Liberia“.
Eröffnungsveranstaltung des ersten Workshops am 1.12.2008 in der Deutschen Botschaft Monrovia: Sedia Massaquoi-Bangoura, liberianische Botschafterin in Berlin, und Ilse Lindemann-Macha, deutsche Botschafterin in Monrovia.
Als Partner des Projekts fungierte der Kölner Verein „Medica Mondiale“, der weltweit traumatisierte Frauen in Kriegs- und Krisengebieten unterstützt. Medica Mondiale arbeitet im Südosten von Liberia in zahlreichen Projekten, um die Opfer sexueller Gewalt sowohl psychologisch als auch wirtschaftlich zu stärken. Die Gründerin von Medica Mondiale, Monika Hauser, wurde Ende vergangenen Jahres mit dem alternativen Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Der Workshop selbst setzte einen grossen Akzent auf die praktische Arbeit: Nach kurzen theoretischen Einführungen zogen die Teilnehmerinnen – ausgestattet mit digitalen Aufnahmegeräten - los, um Interviews über das damals bevorstehende „Internationale Frauencolloquium“ zu machen – eine internationale hochkarätig besetzte Frauenkonferenz, die die Präsidentin im März dieses Jahres in Monrovia organisiert hat.
Das Resultat des Workshops waren vier 10-minütige Reportagen und die Gründung eines neuen Netzwerkes: Die 12 Journalistinnen schlossen sich zu dem „Women Media Network“ zusammen und hatten ebenfalls als Folge des Workshops sofort Arbeit: Das Management des Colloquiums nahm sie in das Kommunikationskommittee auf, wo die Aufklärungs- und Informationsarbeit für die grosse Konferenz geplant und durchgeführt wurde.
Kojo Mensah, Direktor des UN-Radios in Monrovia, mit Teilnehmerinnen während der Produktion der Reportagen
So war es angebracht, der Dezemberaktion eine Fortsetzungsmassnahme folgen zu lassen. Im Mai dieses Jahres führte ich wieder zusammen mit der „Aktion Afrika“ einen zweiten Workshop durch, der sich mit dem für ganz Afrika einmaligen liberianischen „National Action Plan“ beschäftigte. Mit diesem Aktionsplan versucht Liberia, die UN-Resolution 1325 in die Realität umzusetzen. Die Resolution fordert, Frauen in allen Angelegenheiten der Friedens- und Sicherheitspolitik einzubeziehen und sie vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
Die Teilnehmerinnen – die 12 Frauen vom Dezember-Seminar und zwei neue Journalistinnen – brachen die etwas theoretisch anmutende Diskussion über den Aktionsplan in folgende Reportagethemen auf:
- Kampf gegen „Sexual and Gender based violence“;
- der erste Verhandlungstag des neu geschaffenen Gerichtes, das sich ausschliesslich mit Gewalt gegen Frauen beschäftigt;
- Biographie einer noch lebenden liberianischen Friedensführerin;
- Frauenpolitik in der „Security Sector Reform“ der UN-Mission;
- Wiedereingliederung von weiblichen Ex-Rebellen in die Gesellschaft;
- das „Angie Brooks International Center“ in Monrovia.
Die technische Produktion der Radioreportagen fand in den gut ausgerüsteten Studios des UN-Radios statt.
Die Tatsache, daß das AA der ersten Maßnahme im Dezember einen weiteren Kurs hat folgen lassen, wurde von der liberianischen Seite mit Begeisterung aufgenommen. Bei der Eröffnungsveranstaltung waren sowohl der Informationsminister Dr. Lawrence Bropleh, die Managerin des Internationalen Colloquiums Yvette Chesson-Wureh als auch die höchste Gender-Beraterin der UN-Mission, Carole Doucet, anwesend und würdigten die Bemühungen Deutschlands, liberianische Medienfrauen weiterzubilden.
Die liberianische Botschafterin in Berlin, Sedia Massaquoi-Bangoura, war ebenfalls bei beiden Seminaren anwesend und setzte sich mit Nachdruck für die Fortführung des Projektes ein.
Eröffnungsveranstaltung des Follow-up Workshops am 18.5.2009 in der Deutschen Botschaft Monrovia: Projektleiterin Bettina Ambach und Informationsminister Dr. Lawrence Bropleh.
Zur Zeit überlegen die 14 Journalistinnen, was die weiteren Schritte ihres Frauennetzwerkes sein sollen. Sie diskutieren zusammen mit all den neuen Kontakten, die sie während der Workshops gemacht haben, wie sie am Aufbau des „Angie-Brooks-Zentrums“, einem internationalen Trainingszentrum mit Schwerpunkt „gender studies“, mithelfen können. Während der Workshops war die Idee geboren worden, diese neue liberianische Bildungseinrichtung mit einer Medien-Trainingseinheit auszustatten – vielleicht auch für uns eine Idee für neue Medienprojekte...